Kronprinz Rudolf, Brünnerling, Berner Rosenapfel: 60 erdige Kurzgeschichten aus dem Buch Gärtnerseele

18. Dezember 2022

Gärtnerseele: Hans Zauner, der kreative Kopf von GartenZauner hat 60 Gartenschichten geschrieben und im Buch Gärtnerseele zusammengefasst. Wagen wir gemeinsam den Versuch mit diesen Gartengeschichten den Winter durchzutauchen, lassen wir die Gartenbilder im Kopf wachsen. In den nächsten Wochen werden regelmäßig Gartengeschichten veröffentlicht; in der Vorweihnachtszeit immer am Adventsonntag.

 

Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt.

 

Tauchen Sie ein in unsere Gartenwelten, vielleicht erkennen Sie sich in den Geschichten oder eine der Geschichten hat in Ihrem Garten begonnen:

 

Gartengeschichte N.52

Kronprinz Rudolf, Brünnerling,
Berner Rosenapfel

 

Was gehört neben Nüssen, Lebkuchen, Mandarinen, getrockneten Feigen und Dörrzwetschken noch in ein Nikolaussackerl? Ja, genau, Äpfel dürfen nicht fehlen. Nicht zu groß, und sie müssen unbedingt rotbackig sein! Bei uns zu Hause wurden immer die kleinen Äpfel des Jonathans verwendet. Der nicht allzu große Baum trug jedes Jahr verlässlich und reichlich Äpfel, als ob er gewusst hätte, welch wichtige Aufgabe er zu erfüllen hatte. Je reicher der Ertrag, desto kleiner waren die festen und erfrischenden Früchte. Es hätte auch jede Menge anderer Äpfel im Keller gegeben, so zum Beispiel den Maschansker, goldgelb und kugelrund duftet er einem entgegen. Am Gewürzgeruch ist er auch blind zu erkennen.

 

Gleich daneben lagen in einer Kiste, fein säuberlich geschlichtet, purpurrote Äpfel mit einer matten Bereifung. Eine schöne, kantige Apfelform; wischt man den Wachsbelag weg, kommt ein glänzend leuchtender purpurroter Apfel zum Vorschein. Ein Apfel, wie gemalt in einem Stillleben. Die nächste Überraschung gibt es, wenn man in diesen süßen Apfel beißt: Das Fruchtfleisch ist rot durchzogen. Das wäre mein Lieblingsapfel für das Nikolaussackerl gewesen. Aber der Berner Rosenapfel war im Ertrag so faul, dass die Äpfel nur zu ganz besonderen Anlässen gereicht wurden. Eine Stellage tiefer waren etwas unansehnliche, braune Riesenäpfel: der Boskoop. Es gibt grüne und rote, man merkt aber kaum einen Unterschied. Beide sehen ledrig und eher unappetitlich aus, nicht umsonst wird er im Volksmund auch Lederapfel genannt.

 

Diesen Apfel weiß man erst zu schätzen, wenn es nichts anderes Essbares mehr im Keller gibt. Erst im April oder Mai entfaltet er sein mildes, süß-säuerliches Aroma. Beim Boskoop passt das Sprichwort: raue Schale und weicher Kern! Daneben lagerte der Kronprinz Rudolf, benannt nach dem Thronfolger von Kaiser Franz Joseph I. Ein etwas flach gedrückter Apfel mit heiteren roten Wangen. Den gab es auch in Hülle und Fülle, weil er das raue Klima des Mühlviertels gut verträgt. Ein saftiger Apfel mit erfrischendem süß-säuerlichen Geschmack.

 

Kistenweise gab es den Brünnerling im Keller. Ein mittelgroßer, gelb-roter Apfel mit feiner Schale. Beißt man in diesen Apfel, wirkt er etwas trocken, aus diesem Grund war es immer eine der letzten Sorten, die gegessen wurden. Ein Apfelbaum, der kaum Pflege braucht, daher gab es davon viele auf unseren Streuobstwiesen um den Bauernhof. Es gab noch viele andere Apfelsorten im Keller, den Lavanttaler Bananenapfel, die Steirische Schafnase, den Zigeunerapfel oder den Freiherrn von Berlepsch: Namen, die mich schon als Kind in ihren Bann gezogen haben, denn jeder Apfelname ist ein Abenteuer, eine Geschichte. Aber je mehr ich darüber nachdenke, der Jonathan war doch die beste Wahl, um im Nikolaussackerl zu verschwinden. Rotbackig, rund, handlich und knackig!

 

 


Zeit für Geschichten

Jetzt kommt wieder die kalte und dunkle Jahreszeit. Wir haben wieder mehr Zeit zum Lesen und Zeit unseren Gedanken, Erinnerungen und Sehnsüchten nachzuspüren. Wie wäre es mit der Idee, sich unseren Gärten literarisch mit Gartengeschichten zu nähern? Sich gleichsam in den Sehnsüchten, den Träumen und den Gartenfantasien zu verlieren, bis der Frühling wieder kommt.

 

 

 

Die Vielfalt der Gärten

60 Gartengeschichten für ein Gartenjahr, das klingt leidenschaftlich, vielversprechend und hoffnungsvoll. Gärten sind so vielfältig, Gärten berühren alle Lebensbereiche, vor allem aber unsere Seele und unser Gemüt. Gärten sind Spiegelbild der Gesellschaft, Gärten werden politisiert. Gärten können wir hören und lesen, in Literatur und Musik. Gärten sind aber auch Ausdruck unseres persönlichen Lebensstils und unseres Geschmackes.

 

 

Erfahrung und viel Fachwissen

Gärten sind Rückzugsort und Begegnungsort zugleich. Gärten sind Statussymbol und missbrauchte Flächen. Gärten sind Sehnsuchtsorte und leben oft nur von Erinnerungen, von Gerüchen und von unendlichen Sommern. All diese Vielfalt finden sich in den Gartengeschichten, gepaart mit viel Erfahrung und Fachwissen.

 

Gartenspaziergang mit Hans Zauner

 

Möchten Sie das Buch “Gärtnerseele” weiter lesen?

Genießen Sie die 60 erdigen Gartengeschichten von Hans Zauner!

Erhältlich bei GartenZauner oder im Buchhandel

 

+43 7282 20590
info@gartenzauner.com

 

© Hans Zauner
Cover- und Buchgestaltung: RIZAGO design
Illustrationen und Fotografie: Ricardo Gonzalez
Lektorat: Bernhard Kastl
ISBN 978-3-903385-14-6
bayerverlag 2022
Verlag Bernhard Bayer, Wilhering 

 

 

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